Es gibt zwei Meinungen zum Thema selbst lackieren mit der Spraydose. Die eine Fraktion, die sagt, lass’ es, geh zum Profi, das wird eh nichts, ihr kennt das. Dann gibt es noch die, die es gemacht haben und sagen mit Geduld und Übung ist das sehr wohl möglich.
Ich habe es selbst ausprobiert, wollte wissen, was möglich ist und habe einiges dabei gelernt.
Was du brauchst, wie die Vorbereitung aussieht, warum ich es zweimal vergurkt habe und wie man mit günstigen Mitteln das bestmögliche Ergebnis erreicht, erfährst du alles hier. Wir lackieren Metalle mit Autolack aus der Spraydose. Ich habe mir dafür die Tauchrohre einer Motorradgabel vorgenommen. Dabei verfahre ich im Zweischichtsystem. Das bedeutet, zuerst wird ein Decklack oder Basislack aufgetragen, danach wird mit Klarlack lackiert.
Es sollte klar sein, dass eine Spraydosenlackierung keine professionelle Lackierung ersetzt. Fahrzeuglackierer ist ein Ausbildungsberuf, der in der Regel 3 Jahre dauert. Ein professioneller Lackierer arbeitet zudem noch mit entsprechendem Werkzeug, dass für den Amateur zu teuer und nicht lohnenswert ist.
Es lassen sich jedoch auch mit einfachen Mitteln durchaus sehr gute Ergebnisse erreichen. Los geht’s.
Vorbereitung:
- Die Umgebung in der wir lackieren, muss sauber und staubfrei sein.
- Den Boden kannst du nässen, um den Staub zu binden.
- Man kann aus Abdeckplanen oder feuchten Decken eine provisorische Lackierkabine bauen.
- Du brauchst eine Atemschutzmaske.
- Das Werkstück abkleben, wo es nötig ist. Gutes Kreppband, ich habe Marken- Abdeckband benutzt.
- Die Oberfläche des Werkstücks reinigen mit Silikonentferner oder Nitroverdünner. Danach gibt auch noch Staubbindetücher oder einfach kurz mit Druckluft abblasen.
- Die Temperatur sollte optimalerweise Richtung 20 Grad sein.
- Werkstück und Dosen auch in Raumtemperatur.
Für den ganzen Lackierprozess gilt: Sauber arbeiten!
Schleifen, Füllern, Grundieren:
- Blankes Metall wird mit 500er oder 600er Papier glatt geschliffen, nass oder trocken.
- Wer die Teile vorher sandgestrahlt oder in meinem Fall glasperlgestrahlt hat, muss Füllern für eine glatte Oberfläche.
- Kratzer und Dellen werden jetzt gegebenenfalls gespachtelt oder gefüllert.
- 2-4 mal mit Zwischenschliff mit 600er Papier.
Füller ist oft mit einer Grundierung kombiniert.
Wer nichts füllert muss blankes Metall noch grundieren.
Die Oberfläche muss perfekt sein. Alles was du jetzt noch an Beschädigungen siehst, wird auch nach der Lackierung noch sichtbar sein.
- Ist die Originallackierung noch gut, reicht es mit 400er Papier oder Schleifvlies gleichmäßig anzuschleifen.
Lackieren:
Dose mindestens 3 Minuten schütteln, ruhig auch länger.
Hier noch ein paar Tipps, die ich gesammelt habe, damit das Lackieren mit der Spraydose gut geht:
Tipp 1: Die Dose im Wasserbad oder mit dem Heißluftfön etwas erwärmen. Das Werkstück kann man ebenfalls erwärmen.
Tipp 2: Für die Spraydosen einen extra Sprühkopf kaufen. Zum Lackieren sind Soft Caps mit 3cm Strichbreite geeignet. Die Düsen danach ausblasen und mit Verdünner reinigen oder immer neue Caps verwenden. Caps mit flachem Strahl sind ungeeignet.
Tipp 3: Nach Lackierpausen kurz den alten Lack heraus sprühen. Der befindet sich noch im Druckschlauch in der Dose und ist nicht mehr lackierfähig.
Der Sprühabstand sollte 15 – 20 cm betragen. Die Spraydose ruhig und gleichmäßig führen. Das ist der Teil, der Übung erfordert. Das lernt man nur durch Praxis.
Du fängst vor dem Werkstück an zu sprühen und hörst erst hinter dem Werkstück wieder auf. Dabei überlappende Bahnen ziehen. Am besten schaust du dir dafür einige Videos an. Die Spraydose senkrecht halten.
Decklack:
- Die 1. Schicht ist nicht deckend. Ecken und Kanten zuerst sprühen.
- Die 2. Schicht wird nach ca. 10-15 Minuten aufgetragen. In dieser Zeit lüftet der Lack ab und trocknet an. Man erkennt es dadurch, dass er matt wird. Diese Schicht wird deckend aufgetragen.
- Die 3. Schicht nach weiteren 10-15 Minuten auftragen. Sie wird wie die zweite Schicht, nur im Kreuzgang (90 Winkel zur vorherigen Richtung), aufgetragen.
Wenn man die Möglichkeit hat, sollte man zwischendrin immer ab lüften, damit keine Lacknebel in der Luft bleiben.
Ich habe Autolack benutzt.
Wichtig: Die Spraydose keinesfalls leer sprühen. Kommt man an das Ende des Doseninhalts wird der Sprühstrahl unsauber.
Klarlack:
- Nach 30-60 Minuten Trocknungszeit wird der Klarlack aufgetragen.
- Hier gilt dasselbe wie für den Decklack. Drei Schichten. Für Effektlack auch deutlich mehr.
Tipp: Wenn du fertig bist, drehst du die Dose auf den Kopf und sprühst das Ventil leer. Das verhindert das Verkleben des Sprühkopfs.
Den Lack nun 2-3 Tage aushärten lassen.
- Wenn man will, kann man jetzt noch polieren, falls kein sauberes Spiegelbild vorhanden ist. Danach noch Hochglanzpolitur benutzen.
Bevor das Bauteil jetzt normal belastbar ist, muss es noch ca. 2 Wochen aushärten.
Der Klarlack kam von demselben Hersteller.
Lackierfehler:
Jetzt kommen wir einmal zu den Fehlern, die passieren können. Und die wird es geben. Mein erster Fehler war beispielsweise dass mein Sprühabstand zu groß war, eher 25-30 cm, und ich die Dose zu schnell geführt habe.
Das Resultat war eine raue und matte Oberfläche. Der Lacknebel ist schon in der Luft getrocknet. Also nochmal mit 320er Papier anschleifen und von vorne das Ganze.
- Raue Lackoberfläche: Sprühabstand zu groß, Dose zu schnell geführt.
- Lack blättert ab: Untergrund nicht sauber oder unzureichend angeschliffen, Grundierung ungeeignet, zu dünn oder zu trocken aufgetragen, Trocknung nicht eingehalten.
- Kraterbildung: Auch hier sind die Ursachen vielfältig. Der häufigste Grund sind Rückstände auf dem Werkstück, deswegen sauber arbeiten.
- Orangenhaut: Abstand zu hoch, Lack nicht gut genug geschüttelt, zu wenig Spritzdruck. An den meisten Parametern können wir an einer Spraydose nichts ändern. Nicht den billigsten Lack nehmen und eine gute Spritztechnik hilft.
- Risse: Zu hohe Schichtdicke, Ablüft- und Trockenzeiten zu kurz gehalten
- Schmutzeinschlüsse: Zu unsauber gearbeitet, Raum nicht staubfrei genug. Evt. mit 1200er Papier raus schleifen und mit Polierpaste polieren.
- Matte Stellen: Zu hohe Schichtdicke, zu hohe Luftfeuchtigkeit, Trocknung unterbrochen.
- Wolkenbildung: unregelmäßiger Farbauftrag, zu geringe Ablüftzeit zwischen Basis- und Klarlack.
- Lack trocknet nicht: Umgebungstemperatur zu niedrig, es ist zu kalt.
- Läufer und Nasen: zu hoher Schichtauftrag durch zu geringen Spritzabstand oder zu langsame Führung der Dose. Werkstück zu kalt.
Läufer im Klarlack hatte ich bei meinem zweiten Versuch. Lack einige Tage aushärten lassen. Man macht sich einen Minischleifklotz zum Beispiel aus einem Stück Buche, gibt es in jedem Baumarkt. Schleift die Läufer nass mit 1500er, danach mit 2000er Papier. Man sollte darauf achten, dass man die Läufer wegschleift und nicht den Lack daneben.
Danach geht man erst mit grober dann mit feiner Schleifpolitur dran. Ich habe dazu einen Lackreiniger und danach Metallic Hochglanz einer bekannten Firma genommen, einfach, weil ich es da hatte.
Ein Nachteil dieser Lackierung ist, dass die Oberflächen, besonders die Ecken wesentlich empfindlicher sind als bei einer Pulverbeschichtung. Da würde nur helfen, deutlich mehr Klarlackschichten aufzutragen.
Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis. Das nächste Projekt wird vielleicht ein Tank.
Abschliessend noch zwei Bilder.
Ich habe die Tauchrohre einer Motorradgabel (CB 750) in schwarz glänzend lackiert, weil ich keine Lust hatte, sie für eine Pulverbeschichtung auseinander zu nehmen. Auf dem zweiten Bild sieht man den Vergleich zu einer schwarz Hochglanz pulverbeschichteten Felge, der Farbton ist identisch.


Nachtrag:
Leider musste ich feststellen, dass der Lack abplatzt, an Stellen, an denen Schrauben mit 20 Nm und mehr angezogen werden.
Das schränkt die Nutzbarkeit des Dosenlacks wieder ein.
Nachtrag 2:
Auf Nachfrage bei einem Profi zu obigem Problem gab es zwei weitere Tipps:
Letzter Schliff vor Lackierung mit 800er Papier machen.
Der Lackabplatzer durch die Schrauben könnte auch durch zu hohe Schichtdicke der Lackierung passiert sein.
Zusammenfassung:
- Lackaufbau: Grundierung – Füller – Decklack – Klarlack
- Sauber arbeiten.
- Lackiertemperatur ca. 20 Grad.
- Lacke eines Herstellers verwenden.
- Spritztechnik üben an unwichtigeren Bauteilen oder an einem Probestück.
Hast du Ergänzungen oder weitere hilfreiche Tipps dann schreib’ mir einen Kommentar.
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Tolle, auch für einen Laien verständliche Beschreibung.
Auch die Auflistung der möglichen Fehler finde ich super.
Danke dafür.
Das freut mich zu hören, vielen Dank!
Hilfreich.
Ich habe eine Motorradfelge angeschliffen, gefülltert und anschließend nass geschliffen. Bis dahin war ich zufrieden.
Dann habe ich angefangen schwarzen Lack mit der Dose aufzutragen: raue, Matte Oberfläche. Jetzt weiß ich warum, danke.
Hab die Felge jetzt noch mal geschliffen und starte mit dem zweiten Versuch.
Gruß
Christof
Den Fehler wirst du jetzt nicht noch einmal machen.
Dank dir für dein Feedback!
Gutes Tutorial
Das werde ich dann demnächst mal an einer Schlecht mit der Spraydose lackierten Simson (war ich nicht) üben.
Ich würde evtl noch Kurz davor warnen einfach irgentwo eine Gummiunterlegscheibe zu verbauen (vor allem an Fahrwerksteilen)
Hallo,
danke dir für dein Feedback!
Du hast recht, Unterlegscheiben aus flexiblem Material haben da nichts zu suchen, habe es im Text geändert.
Ich bin neulich mit meinem Auto etwas an einem Pfosten hängen geblieben und habe nun einen kleinen Lackschaden. Nun wollte ich mich bezüglich der Autolackierung etwas informieren. Ich wusste gar nicht, dass man mit Autolack generell die meisten Metalle lackieren kann. Sie haben recht, dass jedoch eine Spraydosenlackierung keine professionelle Lackierung ersetzt, da dies nun mal ein Ausbildungsberuf ist. Am besten erkundige ich mich tatsächlich mal bei einem Profi bezüglich einer Autolackierung.
Danke, endlich einmal auf den Punkt gebracht und nicht ewige Laberei, was man in vielen Clips sieht und hört. Hab den Entenschnabel meiner BMW das 2. mal lackiert nach Deinen Angaben. Ich bin für mich als Laie, zufrieden damit. Neu hätte mich das ganze so um die 300 bis 400 € gekostet. So nur Material und meine eigene Zeit.
Zeit= ich habe Zeit dazu, bin ja Rentner.
Es freut mich sehr, dass die Anleitung Ihnen weiter geholfen hat.
Danke für die Rückmeldung.
Kurze präzise Anleitung, bin sehr begeistert.
Durch deine Tips wurde mein Motorrad Tank 1A und das war mein erstes Lackierprojekt.
Es gab Top Bewertungen meiner Arbeit auf Profi-Lacker Seiten auf FB.
Herzlichen Dank 👍🏼
Das freut mich sehr!😃
Super Beschreibung, leider zu spät gesehen. Ich bin gerade dabei mein Motorrad zu lackieren, bin ebenfalls im dritten Durchgang weil ich die ersten beiden in den Sand gesetzt habe.
Habe jetzt noch ein zwei Schwierigkeiten und nicht weiter weiß, aber da wird sich bestimmt auch eine Lösung zu finden, mache das jetzt zwar im dritten Durchgang aber nichts desto trotz das erste mal, und mit drei Farben arbeiten is dann schon eine kleine Herausforderung
Mfg Markus
Hallo Johnny,
Danke für die schöne Beschreibung, die auch absolute Laien nachvollziehen können.
Du schreibst, du hättest “Autolack” verwendet. War das ein wasserbasierter Lack oder ein Acryl-Lack? Ich frage, weil ich beim Hersteller des Lacks (Acryl-Lack), den ich bei einem Projekt benutzen möchte, keine Angaben gefunden habe zu den Trocknungszeiten zwischen den Schichten. Und wie sieht es aus mit dem Einsatz von z.B. Infrarot zur Trocknung/Härtung? Bei Acryl-Lack zwingend?
Vielen Dank!
Hallo Thomas,
es stand nichts drauf, ich gehe von Acryl Lack aus.
Einige Zeit später bin ich auf folgendes Video gestossen, indem für Kleinteile ein Backofen zur Trocknung benutzt wird.
https://www.youtube.com/watch?v=-pKMdmUNY34&ab_channel=PacificMike